55. Berliner Immobiliengespräch
Rechte und Pflichten bei Eigenbedarf
Wann & Wo
Dienstag | 4. Juni 2024 | 19:00 Uhr
Live via Zoom
Experten
Stefan Czink, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Achim Amann, CEO Black Label Immobilien
Im 55. Berliner Immobiliengespräch wurde das komplexe und oft kontrovers diskutierte Thema der Eigenbedarfskündigungen detailliert beleuchtet.
Ein zentraler Aspekt der Diskussion war die Gegenüberstellung der Härtefallregelung und des echten Eigenbedarfs. Die Härtefallregelung ermöglicht es Mietern, unter bestimmten Umständen einer Eigenbedarfskündigung zu widersprechen. Härtegründe können schwerwiegende gesundheitliche Probleme, hohes Alter, fehlender Ersatzwohnraum oder starke soziale Bindungen sein. Diese Regelung stellt sicher, dass die Interessen der Mieter berücksichtigt werden, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine besondere Härte für sie darstellen würde. Rechtsanwalt Stefan Czink betonte, dass diese Gründe vom Mieter detailliert dargelegt und gegebenenfalls vor Gericht bewiesen werden müssen. Das Gericht nimmt dann eine Abwägung vor, ob die Interessen des Vermieters oder des Mieters überwiegen.
Gegenüber stand der echte Eigenbedarf, der oft schwierig nachzuweisen ist, aber durch flexible rechtliche Interpretationen gestützt wird. Ein besonders interessantes Beispiel im Gespräch war das sogenannte Chefarzturteil. Dieser Fall betraf einen Chefarzt, der eine Wohnung in Berlin für seine Tochter beanspruchte, die dort studieren wollte. Die Wohnung wurde als Zweitwohnung angemeldet, und der Chefarzt plante, diese gelegentlich zu besuchen. Das Gericht urteilte, dass die gelegentliche Nutzung der Wohnung durch den Chefarzt, um in der Stadt bei seiner Tochter zu sein, ausreicht, um eine Kündigung wegen Eigenbedarfs zu rechtfertigen. Es wurde festgestellt, dass eine physische Anwesenheit von ein paar Tagen im Monat ausreichend sein kann, um den Eigenbedarf zu untermauern, sofern die Nutzung der Wohnung glaubhaft und nachvollziehbar im Rahmen der familiären Beziehungen begründet wird. Dieses Urteil zeigt, dass die Gerichte einen flexiblen Ansatz bei der Bewertung des Eigenbedarfs haben und dass nicht die dauerhafte Nutzung, sondern die familiäre Intention entscheidend ist.
Ein weiterer interessanter Fall, der im Gespräch behandelt wurde, betrifft eine verstreute Familie, die sich nur zwei bis vier Wochen im Jahr in einer Wohnung trifft, die sie als Treffpunkt nutzt. Auch dies reichte aus, um Eigenbedarf geltend zu machen. Dieser Fall illustrierte erneut, dass nicht die Menge der Zeit, die in der Wohnung verbracht wird, entscheidend ist, sondern der reale Bedarf und die familiären Bindungen, die den Eigenbedarf begründen.
Zusätzlich zu diesen spannenden Fallbeispielen betonte Rechtsanwalt Czink die Notwendigkeit, dass Vermieter die soziale Situation ihrer Mieter berücksichtigen sollten. Besonders bei älteren oder sozial schwächeren Mietern sollte man sensibel vorgehen und gegebenenfalls von einer Kündigung absehen. Das Gespräch zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, nicht nur die rechtlichen, sondern auch die menschlichen Aspekte zu berücksichtigen.
Für alle Vermieter und Mieter bietet dieses Video wertvolle Einblicke und praxisnahe Tipps, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und konstruktive Lösungen zu finden. Schauen Sie sich das Berliner Immobiliengespräch auf YouTube an, um mehr über diese faszinierenden Themen zu erfahren.
Experte des Live-Gespräches
Stefan Czink
Als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Herr Czink weit über die Grenzen Berlins hinaus für seine sorgfältige und detailorientierte Arbeit bekannt. Als anerkannter Prozessanwalt hat er umfassende Erfahrungen in der Beratung von Immobilieneigentümern, WEG-Verwaltungen und Mietern. https://www.rechtsanwalt-czink.de/