Regulierung am Wohnungsmarkt – Ein Überblick

20. Berliner Immobiliengespräch

Regulierung am Wohnungsmarkt - Ein Überblick

Die Attraktivität des Berliner Wohnungsmarktes ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Daraufhin wurden allerdings auch die Regulierungen immer weiter verschärft. Was das bedeutet und welche Regulierungen Sie momentan beachten müssen, beantworten wir Ihnen am 16.03.21 live über Zoom.

Experte: Rechtsanwalt Uwe Bottermann

Uwe Bottermann berät insbesondere zu regulatorischen und öffentlich-rechtlichen Fragestellungen bei Immobilientransaktionen. Seine Interessenschwerpunkte liegen im juristischen Asset Management und der damit verbundenen Streitbeilegung. Mehr Informationen finden Sie → hier.

Zusammenfassung des Interviews:

Was hat sich, in Bezug auf Regulierungen am Wohnungsmarkt, in den letzten Jahren verändert?

Was sich schon einmal nicht verändert hat ist die Nachfrage nach Immobilien. Die Transaktionen finden nach wie vor statt, die Menschen wollen kaufen, die Menschen wollen verkaufen. Was sich verändert hat im Bereich der Wohnimmobilien sind die Beschränkungen. Im Bereich der Mietimmobilien ist das, seit inzwischen etwa fünf Jahren, die Mietpreisbremse und jetzt der Mietendeckel in Berlin, der insgesamt dazu führt, dass die Nachfrage etwas nachlässt oder man sich umorientieren muss. Im Übrigen bleibt es weiter so, dass Deutschland oder im speziellen Berlin ein attraktiver Markt ist, auch für ausländische Investoren, die aus ihrer Heimat andere Preise gewohnt sind. Soweit können wir da einigermaßen positiv in die Zukunft schauen.

Was bedeutet das Baulandmobilisierungsgesetz?

Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz wurde versucht Themen wie Planungsmöglichkeiten für die Kommunen und in Berlin für die Bezirke mit aufzunehmen. Diese erlauben städtebauliche Entwicklungen, insbesondere im innerstädtischen Bereich, flexibler zu gestalten und damit moderne Lebensverhältnisse zu schaffen. Das ist jetzt erst einmal nicht schlecht, gleichzeitig ist es aber auch so, dass durch dieses Gesetz gewisse Hürden für die Immobilienwirtschaft entstehen. Beispielhaft steht der neu geplante §250 Baugesetzbuch, der eben vorsieht, dass bei Bestandsimmobilien wie Bestandsmietshäusern die Aufteilung in Wohneigentum nahezu unmöglich gemacht wird. Dies gilt für Lagen, wo die entsprechende Landesregierung festlegt, dass dort eine angespannte Wohnungsmarktsituation herrscht. Das zweite Thema ist jetzt dann eher für diejenigen relevant, die an schnellen Transaktionen und auch an Miethäusern interessiert sind. Dort sehe ich zwei Themen im Bereich des gemeindlichen Vorkaufsrechts als problematisch. Einerseits wird der Anwendungsbereich des Vorkaufsrechtes erheblich ausgeweitet. Von einer aktuellen Anwendung des Vorkaufsrechts nur in den sogenannten Schutzgebieten dahin, dass im gesamten innerstädtischen Bereich jedes Mal ein Vorkaufsrecht zu prüfen wäre. Dazu kommt die Ausweitung oder die Verlängerung der Ausübungsfrist für das Vorkaufsrecht von zwei auf drei Monate, was also bedeutet, dass bei jeder Transaktion mit einer Verzögerung von etwa drei Monaten zu rechnen ist, weil der Bezirk jedes Mal ein Vorkaufsrecht prüft und diese Frist höchstwahrscheinlich ausschöpfen wird.

Was bedeutet das Vorkaufsrecht?

Üblicherweise ist es so, dass bei einer Transaktion der Notar ohnehin im Namen der Parteien den Kaufvertrag dem jeweiligen Bezirksamt in Berlin, oder in anderen Bundesländern den Gemeinden, zur Kenntnis gibt. Dies geschieht mit der Bitte das sogenannte Negativzeugnis zu erteilen, was bedeutet, dass entweder die Gemeinde / der Bezirk sagt, es besteht gar kein Vorkaufsrecht oder aber es besteht eines und wir wollen das nicht ausüben. Dafür hat der Bezirk / die Gemeinde zwei Monate Zeit. Wenn aber zum Beispiel im Milieuschutzgebiet entschieden wird, dass der Bezirk/ die Gemeinde diese Wohneinheiten lieber entweder selbst verwalten oder aber durch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, zu deren Gunsten sie das Vorkaufsrecht ausüben können, verwalten lassen möchten, dann kann der Bezirk die Einheiten entweder zu demselben Kaufpreis oder aber sogar zu einem reduzierten Kaufpreis erwerben, wenn der vereinbarte Kaufpreis erheblich über dem Verkehrswert liegt.

Wie stehst du zu dem Thema der Partei Die Grünen, den Bau von Einfamilienhäusern zu verbieten?

Ich halte das ehrlich gesagt für einen Hype, wenn man sich da genau anguckt was sie machen wollten. Das war in einem bestehenden Bebauungsplan Vorhaben den Vorzug zu geben, die nicht Eigennutz-Einfamilienhäuser sind, sondern Mehrfamilienhäuser. Ich denke nicht, dass man das Errichten von Einfamilienhäusern, zumindest im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, tatsächlich verbieten kann. Man kann aber durchaus die Entscheidungen der Verwaltung entsprechend lenken. Ob es in urbanen Gebieten so sinnvoll ist Einfamilienhäuser zu errichten, das sei mal dahin gestellt, aber weder dieses Vorhaben der Grünen, welches ja auch, nach meiner Sicht zumindest, inzwischen deutlich wieder verpufft ist, noch sonst irgendwelche Vorhaben werden dazu führen, dass das das Objekt Einfamilienhaus tot ist.

Wie schätzt du die Chancen ein, dass das Thema Deutsche Wohnen & Co. enteignen, Konsequenzen hat?

Politisch sind die Kollegen im Aufwind. Die Umfragen zeigen deutlich, dass es da offenbar in irgendeiner Form eine Unterstützung gibt. Projiziert es werden alle Hürden genommen und es kommt es zu einem Volksentscheid, muss man sich auch da vergegenwärtigen, dass das wirtschaftlich eigentlich nicht gewollt sein kann, auch nicht von der Berliner Landespolitik. Allein wenn man die Kritik an der Ausübung der Vorkaufsrechte sieht, da wird viel Geld dafür ausgegeben, dass kein neuer Wohnraum geschaffen wird. Bei einer Enteignung wird dies noch viel schlimmer, weil Enteignen nicht bedeutet, wir nehmen der Deutschen Wohnen ihre Wohnungen weg und sie bekommen dafür nichts. Nein, sie müssen ja entsprechend entschädigt werden und dass zum dann geltenden Verkehrswert der Wohnungen. Das Geld muss man erst einmal zusammenbringen und damit könnte man sehr viel sinnvollere Sachen machen. Da hoffe ich, dass der politische Wille und auch die politische Überzeugungskraft derjenigen, die das zu verantworten haben, deutlich in die Richtung geht, dass man andere Maßnahmen trifft.

 Warum stoßen aktuell immer mehr Immobilien-Firmen komplette Mehrfamilienhäuser ab?

Ich sehe das so, dass die Verkäufe, die wir hier sehen, nicht im Zusammenhang mit dem Mietendeckel stehen, sondern mit dem Zyklus. Unsere Mandanten für Mehrfamilienhäuser sind vorrangig Personengesellschaften, Family Offices die den Haltezyklus von zehn Jahren durchhaben und jetzt eben steuerfrei die Gewinne mitnehmen möchten. Das kann auch eine trendartige Entwicklung sein, dass vor zehn bis zwölf Jahren Kunden gut eingekauft haben und jetzt wiederverkaufen wollen.

Achim Amann: Also ich sehe das genauso wie Herr Bottermann, ich sehe sogar, dass weniger Immobilien verkauft werden, weil viele Eigentümer das Thema Mietendeckel aussitzen. Ich sehe das schon, dass der Mietendeckel einen negativen Einfluss hat auf Mehrfamilienhäuser, also auf die auf die Verwertbarkeit. Allerdings sehe ich das vor allem in der Kombination mit dem Baulandmobilisierungsgesetz und auch mit den Milieuschutzgebieten.

Welche neuen gesetzlichen Regelungen gibt es beim Kauf oder Verkauf eines Eigenheims?

Ich kenne da wenig, außer den Rahmenbedingungen, die jetzt deutlich darauf hindeuten, dass das Produkt knapp wird. Mit den verschiedenen Aufteilungsverboten, insbesondere in Berlin, wenn wir die Neubauquote anschauen. Baugenehmigungen werden immer weniger, gleichzeitig wird es verboten Bestand in Eigentumswohnungen aufzuteilen. Wenn ich eine Wohnung kaufen möchte, werde ich irgendwann keine Chance mehr haben, weil es einfach kein Produkt am Markt gibt.

Was ist der Mietendeckel und wie unterscheidet er sich von Mietspiegel, Mietpreisbremse, etc.?

Bei dem Mietspiegel befinden wir uns im Bereich des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Dort wird im §535 das Mietrecht und eben auch das Wohnraummietrecht geregelt.

Der Berliner Senat hat sich jedoch entschieden, dass das nicht ausreicht und zwar auch in der Fassung nicht ausreicht, wie sie jetzt seit relativ junger Zeit, in Form der Mietpreisbremse, gilt. Die längste Zeit war es so, dass im sozialen Mietrecht im BGB der abgeschlossene Mietvertrag den Mietenden soweit geschützt hat, als dass Mieterhöhungen nur möglich waren, wenn man entweder eine Staffelmietvereinbarung getroffen, eine sogenannte Indexklausel vereinbart hat oder aber eine Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete, also dem Mietspiegelwert regelmäßig verlangen konnte.  Dann kam die Situation, zumindest in Berlin oder auch in einen anderen größeren Städten Deutschlands, dass bei Neuabschluss von Mietverträgen keine Regeln galten. Man konnte also eine Wohnung, die bisher für vielleicht 3,50€ auf den Quadratmeter vermietet war bei einer Neuvermietung durchaus für 15€ vermieten, weil der Markt es hergab. Das ist eine Situation, die die Mietpreisbremse verhindern oder eindämmen möchte indem sie Regelungen für die Neuvermietung von Leerwohnungen schafft.

Dazu begrenzt die Mietpreisbremse die zulässigen Mietpreise auf die ortsübliche Vergleichsmiete laut Mietspiegel zuzüglich 10% oder aber zu vorher gezahlter Miete, wenn die denn höher war.

Es gibt verschiedene Ausnahmen, bei Neubau und bei umfassender Modernisierung gilt dies nicht.  Das war dem Berliner Senat offenbar noch nicht genug also hat er den Mietendeckel erfunden. Das ist ein Regelwerk, welches außerhalb des Mietvertrages gilt und öffentlich-rechtlich den Mietpreisen die in Berlin gefordert werden dürfen einen, wie der Name sagt, Deckel aufsetzt. Einerseits in Form eines Einfrierens der Miete auf den Stichtag des 18. Juni 2019 und andererseits durch die Festlegung objektiver Obergrenzen anhand einer Tabelle, die sich am Mietspiegel von 2013 orientiert.

Wie siehst du die Chancen einer Revision des Mietendeckels vom Bundesverfassungsgericht?

Dazu gibt es zwei Fragen. Einerseits dürfte das Land Berlin als Landesrecht ein solches Gesetz überhaupt verabschieden, weil damit möglicherweise in den Regelungsbereich des Bürgerlichen Gesetzbuchs und somit des Bundesrechts eingegriffen wird und das Land möglicherweise gar keine Gesetzgebungskompetenz hat?

Wir wissen nicht wie das Bundesverfassungsgericht sich dazu positionieren wird. Ich habe selbst zur Ankündigung des Mietendeckels eine Pressemitteilung veröffentlicht und gesagt „Geht nicht, das ist nicht rechtens.“. Das müsste ich inzwischen ein bisschen revidieren.

Durch dieses neue öffentliche Mietpreisrecht ist die Kompetenzfrage vielleicht gar nicht so einfach mit „Geht nicht.“ zu beantworten, das wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Frage Nummer 2 ist, durfte das inhaltlich so verabschiedet werden wie es verabschiedet ist oder greift das Gesetz möglicherweise in höherrangiges Recht, Verfassungsrecht, in die Grundrechte der Vermieter und möglicherweise auch der Mieter unzulässig ein? Da besteht jedenfalls meine Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht sich an seiner eigenen Rechtsprechung orientieren wird, nämlich derjenigen zur Mietpreisbremse.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Regelung zur Mietpreisbremse im Bürgerlichen Gesetzbuch verfassungsgemäß ist. Warum? In erster Linie deshalb, weil sie sich an der derzeitigen Marktlage orientieren indem sie sagen „Bei einer Neuvermietung einer Wohnung gilt die derzeitige ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 10% oder die vorherige Miete“. Das heißt also, wenn man dieses Kriterium ansetzt und sich die Regelung des Mietendeckels anschaut hat man einerseits das Einfrieren der Mieten auf den 18.06.2019, hier kann man sagen, dass auch im Jahr 2021 2019 noch einigermaßen aktuell ist.  Gleichzeitig hat man aber auch eine Tabelle mit objektiven Mietobergrenzen, die sich am Mietenspiegel 2013 orientiert. Das ist inzwischen acht Jahre her und entsprechend weit weg von allem was hier irgendwie doch als aktuell bezeichnet werden könnte.

Meine rein juristische Meinung ist, wenn  das Bundesverfassungsgerichtes es schafft über die die Hürde zu springen, dass das Land Berlin eine Gesetzgebungskompetenz hat, was fraglich ist, dann wird es seinen Kriterien aus der Mietpreisbremsen-Entscheidung anwenden und, so ist meine Hoffnung, zu der Auffassung gelangen, dass diese Mietentabelle mit den objektiven Obergrenzen gegen die Verfassung verstößt, explizit gegen Artikel 14 Eigentumsgarantie, und das möglicherweise das Einfrieren der Mieten auf dem Stand vom  18. Juni 2019 Bestand haben wird.

Kann der Mietendeckel umgangen werden?

Achim Amann: Sie können ihn nicht umgehen. Alles was man ihnen erzählt von Firmen, die ihnen Möbel vermieten, das geht in der Regel immer in die Hose. Dazu kommen steuerliche Probleme, weil sie dann in den gewerblichen Bereich kommen. Sie sind immer in dem Thema, wenn Sie möbliert vermieten, wenn sie die Küche einzeln vermieten und auch wenn sie eine Abschlagszahlung machen wollen. Vertrauen sie da bitte nicht windigen Startups oder Leuten, die Ihnen da irgendetwas versprechen. Es ist nichts substanziell.

Sollte ich mit meiner Kaufentscheidung auf die finale Entscheidung zum Mietendeckel warten?

Achim Amann: Ich kann ihnen empfehlen, warten Sie nicht mit ihrer Kaufentscheidung.  Denn unabhängig davon, wie das Thema Mietendeckel ausgeht, Regulierung werden wir danach genauso haben wie jetzt. Die Preise steigen nach wie vor und sie werden es auch in Zukunft tun, die Frage ist nur in welcher Relation. Viel wichtiger bei der Preisentwicklung ist das Thema Zugang zum Kapital und Zinsentwicklung.  Darauf sollten sie achten und das sind Themen, die nicht in der Politik verankert sind, aber auf dem Kapitalmarkt stattfinden.

Ich würde mehr Aufmerksamkeit auf die Frage setzen, wie Sie sich refinanzieren können.

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